20 Jahre Ökumenisches Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement
„Ein grünes Hoffnungs- und Qualitätszeichen“ in Kirche und Gesellschaft
Das Ökumenische Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement (KirUm) hat in Stuttgart sein 20-jähriges Bestehen gefeiert. Inzwischen gehören dem Netzwerk 75 Kirchen, Bistümer und Institutionen an.
„In den zwanzig Jahren sind Sie sehr erfolgreich gewesen“
„Ihnen ist es sehr, sehr gut gelungen, das europäische Umweltmanagementsystem EMAS optimal an kirchliche Gegebenheiten anzupassen, den ‚Grünen Gockel‘ vielerorts zu implementieren und durch Taten sichtbar zu machen, wie ernst Sie ‚Schöpfung bewahren‘ nehmen“, würdigte Ministerialdirigentin Sibylle Hepting-Hug vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg das ökumenische Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement (KirUm) bei seiner Jubiläumsveranstaltung zum 20-jährigen Bestehen am 22. und 23. September im Stuttgarter Hospitalhof. „In den zwanzig Jahren sind Sie sehr erfolgreich gewesen.“ Wie bisher werde das Ministerium bei Bedarf auch künftig unterstützend mithelfen. Im Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement wirken 75 Landeskirchen, Bistümer, eine Freikirche, kirchliche Einrichtungen und Organisationen zusammen.
„Motor sind die Mitglieder“
Im Herbst 2003 hatten die an einem Modellvorhaben zum Kirchlichen Umweltmanagement beteiligten evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer das KirUm-Netzwerk in Stuttgart aus der Taufe gehoben. „Wir sind stolz, dass dieses Netzwerk hier in Württemberg entstanden ist und Sie hier Ihr Jubiläum feiern“, unterstrich Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (Evangelische Landeskirche in Württemberg). „Mahnen – moderieren – Motor sein“ – diese drei Aufgaben der Kirchen nehme das KirUm-Netzwerk im Umweltbereich vorbildlich wahr: Gerade bei zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft könnten und müssten kirchliche Organisationen die kontroverse Debatte moderieren. Das Netzwerk verdeutliche in Wort und Tat, warum sich Christen für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Als Motor erwiesen sich die Mitglieder des Netzwerks, indem sie selbst mit gutem Beispiel vorangehen und die Gemeinden und Einrichtungen unterstützen.
„Qualitäts- und Hoffnungszeichen bleiben in den Kirchen und in der Welt“
Das Netzwerk Kirchliches Umweltmanagement möge ein grünes Qualitäts- und Hoffnungszeichen bleiben in den Kirchen und in der Welt, wünschte Kristina Kühnbaum-Schmidt, Landesbischöfin der Nordkirche und Beauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für Schöpfungsverantwortung. Angesichts der globalen Herausforderungen brauche es eine ökologische Theologie und ein Netzwerk globaler Geschwisterlichkeit und internationaler und interreligiöser Zusammenarbeit. Aus dem Glauben erwachse die Kraft und Hoffnung auf Veränderung: „Uns ist verheißen, dass Gott eine neue Zeit heraufführen wird.“ Dafür stehe auch der Grüne Gockel bzw. Hahn, das Logo des Kirchlichen Umweltmanagements: für den Weckruf, aufzustehen und das Notwendige zu tun. Kühnbaum-Schmidt hatte zu Beginn des zweiten Tages auch die Andacht gestaltet.
Die Kirchen könnten Hoffnung stiften aus der Überzeugung, dass Gott auch im Scheitern, in Leid und Unrecht da ist und Gerechtigkeit und Leben will, pflichtete der Sozialethiker Prof. Dr. Markus Vogt (München) bei. In ihrer Theologie und einer ethisch-spirituellen Umweltbildung liege angesichts der ökologischen Krise die Kernkompetenz der Kirchen. Mehr als Worte seien hier Geschichten gelungener Umgestaltung, also das Zeugnis der Praxis überzeugend, denn – so Vogt: „Schöpfungsglaube ist Tat-Sache“. Vogt machte den umweltbewegten Teilnehmern Mut: Wirksame Transformation komme nicht erst in Gang, wenn man die Mehrheit überzeugt hat, sondern schon durch eine „kritische Masse“ zutiefst Überzeugter, „die an den richtigen Stellschrauben drehen und Entscheidungsträger erreichen. Kirchliches Umweltmanagement hat das Potential, solch einen Kulturwandel zu befördern.“ Eine Kirche, die durch theologischen Tiefgang und praktisches Handeln neu an Glaubwürdigkeit und Zustimmung gewinnt, könne als Sauerteig in die Öffentlichkeit hineinwirken.
In einem von Carel Mohn (Klimafakten.de) moderierten Gespräch mit Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt und Prof. Dr. Markus Vogt wurden diese Überlegungen konkretisiert: Zur Sprache kamen die Bewirtschaftung kirchlicher Flächen, der Wiedervernässung von Mooren zur Bindung von Kohlendioxid, Interessenskonflikte mit Landwirten, die Rolle junger Menschen sowie der kirchliche Beistand für Menschen, die angesichts der dramatischen Entwicklungen zutiefst deprimiert sind.
Carel Mohn, der Umweltgutachter Bernhard Schwager (Ulm) und Pfarrerin Andrea Rückert (Aktivistin der „Letzten Generation“) arbeiteten heraus, dass die Kirchen im Umweltdiskurs und bei der Transformation eine starke Rolle einnehmen könnten, für wirksame Kommunikations- und Veränderungsprozesse aber Erkenntnisse aus den Sozialwissenschaften stärker nutzen sollten. Bei nachhaltigen Geldanlagen und klimafreundlichem Gebäudebestand seien die Kirchenleitungen gefordert.
Bei einer Präsentation herausragender Projekte und Initiativen faszinierte insbesondere Matthias Ruf, der Umweltbeauftragte der Evangelischen Kirchengemeinde Eningen unter Achalm, die 70 Teilnehmer: Der 29-Jährige hat mit dem Umweltteam nicht nur das Umweltmanagement in der Kirchengemeinde aufgebaut, das Anfang August nach Grünem Gockel zertifiziert wurde. Vielmehr ging von der Kirchengemeinde die Initiative zur Gründung des Vereins „Klima- und Umweltforum Eningen“ aus, in dem die lokalen Akteure im Umweltbereich ihre Kräfte und Aktivitäten bündeln, gemeinsam Bildungsveranstaltungen organisieren und vielfältige Beteiligung ermöglichen.
Reinhard Benhöfer, der Umweltbeauftragte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, zeigte auf, wie mittels systematischen Vorgehens große kirchliche Friedhöfe wieder zu einem „Paradies“ der Artenvielfalt gerade im städtischen Raum werden können.
Im Perspektivteil der Tagung stellte unter anderem Dr.-Ing. Thomas Schwieren, der Leiter des Bischöflichen Bauamtes in Rottenburg, die bislang einzige „Grüne Bauordnung“ einer deutschen Diözese vor. Dr. Jan Bergenthum, Geschäftsführer der KSE Energie GmbH (Freiburg), zeigte kirchliche Maßnahmen und Vorhaben für eine schöpfungsfreundliche Energieversorgung und Energieerzeugung. Carina Uhlen (CSR-Kompetenzzentrum im Deutschen Caritasverband) gab einen Einblick, wie Organisationen der Caritas und Diakonie für Nachhaltigkeitsberichte gemäß dem „Deutschen Nachhaltigkeitskodex“ soziale, ökologische und wirtschaftliche Prozesse gleichermaßen überprüfen und optimieren. Dr. Oliver Foltin (Fachstelle Umwelt und Klimaschutz der EKD) erörterte, was Umweltmanagement zum Erreichen der bis 2035 angezielten Treibhausgasneutralität beitragen kann.
Als Sprecherin hat das KirUm-Netzwerk Carmen Ketterl (Rechberghausen) bestätigt; Christina Mertens (München) und Stefan Weiland (Mögglingen) wurden zu neuen Sprechern gewählt. Hermann Hofstetter (München) hatte nach vier Jahren nicht erneut kandidiert.
Über den Grünen Gockel:
Der Grüne Gockel wurde im Jahr 2000 als Umweltmanagementsystem für Kirchengemeinden und Einrichtungen der Evangelischen Landeskirche in Württemberg eingeführt. Mittlerweile gibt es ihn in ganz Deutschland, in Nord- und Ostdeutschland als Grünen Hahn, aber auch als Grünen Güggel in der Schweiz. Mit dem Grünen Gockel werden alle umweltrelevanten Aspekte in Gemeinden kontinuierlich und systematisch betrachtet und verbessert. Rund 1.000 Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen in Deutschland arbeiten bereits erfolgreich mit dem Umweltmanagementsystem „Der Grüne Gockel / Der Grüne Hahn“.
Über EMAS:
Das europäische Umweltmanagementsystem EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) unterstützt Unternehmen und Institutionen dabei, Ressourcen und Kosten einzusparen. EMAS stellt sicher, dass alle Umweltaspekte von Energieverbrauch bis zu Abfall und Emissionen rechtssicher und transparent umgesetzt werden. Der Aufbau des Umweltmanagementsystems bei EMAS entspricht der Umweltmanagementnorm ISO 14001.
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