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„Gott ist ein Freund des Lebens“

Stellungnahme von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Bischof Dr. Gebhard Fürst zu § 218 StGB und einer etwaigen Neuregelung

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Bischof Dr. Gebhard Fürst sprechen sich für eine Beibehaltung der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Schwangerschaftsabbruch aus und betonen die Bedeutung des Schutzes ungeborenen Lebens. Lesen Sie hier die Stellungnahme im Volltext.

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Bischof Dr. Gebhard Fürst sprechen sich für eine Beibehaltung der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Schwangerschaftsabbruch ausBild: Diözese Rottenburg-Stuttgart / Thomas Brandl

Die Stellungnahme von Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl und Bischof Dr. Gebhard Fürst im Volltext:

Die seit 1993 bestehende gesetzliche Regelung zum Schwangerschaftsabbruch gemäß § 218 StGB ist ein Kompromiss. Nach langen gesellschaftlichen Debatten stellt er ungeborenes Leben weiter unter besonderen Schutz und trägt zugleich der Selbstbestimmung der Frau besonders Rechnung. Diese beiden Grundrechte stehen bei dieser Regelung in Spannung. Dennoch sichert diese Regelung ein hohes Maß an Verbindlichkeit und hat die konfliktreichen Debatten der Vergangenheit spürbar beruhigt. Eine Neufassung dieses Gesetzes würde alte Gräben erneut aufreißen und eine Debatte erzeugen, die weiter zur Spaltung der Gesellschaft beiträgt.  

Dennoch hat im März 2023 die Bundesregierung entsprechend des Koalitionsvertrages eine „Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ eingesetzt und den Prüfauftrag erteilt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Regelung zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches möglich ist. Vertreterinnen bzw. Vertreter der Kirchen wurden in diese Kommission nicht berufen, aber neben anderen Einrichtungen und Institutionen wurden die Kirchen um eine Stellungnahme gebeten. Die Stellungnahmen des Rats der EKD und der Diakonie Deutschland veranlassen uns, die Grundüberzeugung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart, noch einmal öffentlich mitzuteilen, um die entstandenen Irritationen über die erfolgten Stellungnahmen auszuräumen.

„Das Leben ist Gabe Gottes. Gott überlässt seine Gabe nicht den Mächten der Zerstörung. Menschen sind berufen, Gottes Willen zu tun und Leben wie Lebensmöglichkeiten auf der Erde zu bewahren.“ Diese Grundüberzeugung wurde 2000 in einer gemeinsamen Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz in ökumenischer Einigkeit formuliert. Daran orientieren wir uns bis heute. Wir betonen den gottgegebenen Wert des Lebens von seinem Beginn an bis zu seinem Ende. Der Mensch als Gottes Ebenbild hat eine unverlierbare Würde und ein unveräußerliches Lebensrecht. Der Schutz ungeborenen Lebens ist eine Aufgabe der ganzen Gesellschaft. Es ist daher wichtig, immer wieder darauf hinzuwirken, dass die Gesellschaft familienfreundliche und unterstützende Rahmenbedingungen für Kinder schafft. Ziel dieser Rahmenbedingungen ist es, dass Eltern zu ihrem Kind schon während der Schwangerschaft „ja“ sagen können.

Für die Kirchen ist es wichtig, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen genau wahrzunehmen und zu prüfen. Neben der Sensibilität für lebensförderliche Lebensumstände einer Schwangerschaft – gerade im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau, gehört für die Kirchen auch der Schutz ungeborenen Lebens zu dieser Abwägung.

Ein Schwangerschaftsabbruch ist grundsätzlich nach geltendem Recht (vgl. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Mai 1993)in Deutschland strafbar. Allerdings gibt es Ausnahmen, die zwar rechtswidrig sind, aber straflos bleiben, besonders dann, wenn vor dem Schwangerschaftsabbruch eine Schwangerschaftskonfliktberatung stattgefunden hat.

Eine Neuregelung nimmt für sich in Anspruch, die Entscheidung der Schwangeren möglichst aus dem Strafgesetz herauszulösen und auf Sanktionen zu verzichten.

Die Stellungnahme des Rats der EKD plädiert für eine Straffreiheit bis zur 22. Woche. Im Gegenzug möchte er eine verbindliche Beratung vorschreiben. Wie diese Verbindlichkeit der Beratung dann noch durchsetzbar wäre, ist völlig unklar. Und so wäre unter diesen Umständen eine spätere Aufgabe der verbindlichen Beratung nur folgerichtig. Dies wäre aus unserer Sicht aber ein Verlust sowohl für den Schutz des ungeborenen Lebens als auch für die schwangere Frau, denn die Beratung zielt auf eine umfassend informierte und langfristig tragfähige Entscheidung der schwangeren Frau.

Eine solche abgestufte Fristenkonzeption unterscheidet willkürlich verschiedene Schwangerschaftsstadien. Sie erhöht mit der Verschiebung der Sanktionierung auf die 22. Woche den Druck auf die Schwangeren. Daneben bleibt dieser Vorschlag eine profunde theologische Erklärung schuldig.Durch den Verzicht auf eine theologische Grundlegung seiner Position und indem der Entwurf sich primär an „gesellschaftlichen Entwicklungen und neuen Einsichten“ orientieren will, verlässt er den jahrzehntelangen ökumenischen Konsens in dieser Frage und schwächt auf Dauer die Bedeutung der Kirchen in ethischen Debatten.

Wir betonen in ökumenischer Verbundenheit unserer Kirchen, auch zukünftig in einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft für den Schutz des ungeborenen Lebens einzutreten und zugleich an guten Rahmenbedingungen mitzuwirken, die es schwangeren Frauen und werdenden Vätern ermöglichen, Ja zu diesem Leben zu sagen, denn Gott ist ein Freund des Lebens.  

 

Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl                            Bischof Dr. Gebhard Fürst

Evangelische Landeskirche in Württemberg              Diözese Rottenburg-Stuttgart

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02.11.2023

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