Die 16. Württembergische Evangelische Landessynode hat am Samstag, 24. November, ihre Herbsttagung mit dem Beschluss des ersten Doppelhaushalts in der Geschichte der Landeskirche beendet. Ebenso hat die Landessynode am Samstag 14 Anträge für mittelfristige Ausgabenkürzungen beschlossen, die dazu dienen, die Finanzen der Landeskirche auch langfristig tragfähig zu halten. Ebenfalls Thema bei der Tagung: Unter dem Motto #miteinander werden die Kirchensteuer-Mehrerträge aus der Energiepreispauschale ausschließlich und unmittelbar zur Unterstützung bedürftiger und einkommensschwacher bzw. von den Verteuerungen besonders betroffener Menschen an einen Energiefonds weitergeleitet.
Dr. Fabian Peters aus dem Referat Haushalt und Steuern im Ev. Oberkirchenrat wies einleitend darauf hin, die Zahl der Kirchenaustritte sei 2022 bis einschließlich Oktober gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Drittel auf 1,5% gestiegen. Die Inflation wirke wie ein Katalysator auf das Austrittsgeschehen. Peters stellte dar, dass die hohe Inflation durch die Lohn-Preis-Spirale trotz hoher Austritte zwar ein steigendes Kirchensteueraufkommen generiere, doch die steigenden Erträge die stärker wachsenden Aufwendungen nicht deckten. Der Oberkirchenrat plane mit einem Kirchensteueraufkommen von 820 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2023 und 835 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2024. Es ergäbe sich aber im Jahr 2023 ein Fehlbetrag von 21,9 Mio. Euro und im Haushaltsjahr 2024 ein Fehlbetrag von 3,8 Mio. Euro. Deshalb seien Einsparungen nötig. Der Evangelische Oberkirchenrat werde bis 2030 im landeskirchlichen Stellenplan 155 Stellen von Angestellten und Kirchenbeamten als 'künftig wegfallend’ vermerken.
Mit Blick auf den Gesamtergebnishaushalt und die Mittel für Personal- und Versorgungsaufwand betonte Peters, dass mit den vorgehaltenen Pfarrstellen und weiteren landeskirchlichen Stellen Menschen ein Leben lang begleitet würden und Kirche in unserer Gesellschaft verlässlich wirke. Dieser Aufwandsblock mache etwa zwei Drittel aller Aufwendungen aus.
Die Landeskirche setze in den kommenden Jahren besondere Schwerpunkte, so Peters. Im Rahmen der Maßnahmenplanung 2023 sind besondere Restrukturierungsmittel eingeplant. Zur Umsetzung des Klimaschutzgesetzes insgesamt 25,6 Mio. Euro für die Haushaltsjahre 2023/2024 sowie 4,2 Mio. Euro in beiden Planjahren zur zusätzlichen Förderung von evangelischen Kindertageseinrichtungen. 3,0 Mio. Euro stehen zur Bekämpfung von Fluchtursachen in Herkunftsländern und 2,2 Mio. Euro in 2023 bzw. 2,4 Mio. Euro in 2024 für das Gemeindediakonat zur Verfügung. Peters ging auch auf die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von rund 5,2 Mio. Euro ein, die die Landeskirche im laufenden Jahr aufgrund der an alle Steuerpflichtigen ausgezahlten, einkommensteuer- und damit auch kirchensteuerpflichtigen Energiepreispauschale vereinnahmt.
Die Landeskirche wird unter dem Motto #miteinander diese Mehrerträge ausschließlich und unmittelbar zur Unterstützung bedürftiger und einkommensschwacher bzw. von den Verteuerungen besonders betroffener Menschen an einen Energiefonds weiterleiten. Damit schließt sich die Landeskirche einer entsprechenden Empfehlung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) an.
Dass die Landeskirche zum System eines Doppelhaushalts für zwei Planjahre wechsle, erklärte Peters damit, dass 97 Prozent des Haushaltes grundsätzlich auf einer Fortschreibung der bisherigen Arbeit beruhe und nur 3 Prozent kontrovers diskutiert würden. Für zwei Jahre zu planen, reduziere den Aufwand. Schwerpunktsetzungen für das zweite Planjahr könnten etwa mit Nachtragshaushalten bzw. im Rahmen der synodalen Maßnahmenplanung erfolgen. Peters betonte, dass auch in den 97 Prozent des Haushalts die inhaltliche Arbeit weiterentwickelt werde.
Tobias Geiger, der Vorsitzende des Finanzausschusses sagte, die finanzielle Situation der Landeskirche sei mittelfristig stabil; der Oberkirchenrat spare, wo es gehe, aber das Potential bei den Sachkosten sei ausgereizt. Jetzt müssten Oberkirchenrat und Landessynode festlegen, an welcher Stelle Aufgabenfelder verkleinert bzw. aufgegeben und Personal eingespart werden könne. Er verwies hierzu auf den Strukturstellenplan, der im Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte beschlossen worden sei.
Geiger erinnerte daran, dass die Mitgliederverluste weiter auf hohem Niveau blieben, und dankte allen Kirchengemeinden, die sich durch besondere Initiativen, wie zum Beispiel Tauffeste, auf den Weg machten. Mit Blick auf die Kirchengemeinden sagte Geiger: „Eine auskömmliche Finanzierung unserer Kirchengemeinde und -bezirke ist trotz Inflation und hoher Energiepreise einigermaßen sichergestellt.“ Obwohl in der Eckwerteplanung ein Minus von 0,7 Prozent vorgesehen gewesen sei, habe bereits die Frühjahrssynode aufgrund des stabilen Kirchensteuereingangs einen Inflationsausgleich von 2,2% beschlossen und einen Sonderbeitrag von 5 Mio. Euro in Aussicht stellen können. Für das zweite Jahr im Doppelhaushalt werde der Sonderbetrag sogar auf 7 Mio. Euro steigen. Damit steige die Kirchensteuerzuweisung an die Gemeinden um insgesamt 3,5 Prozent.
Kürzungsbeschlüsse
Unter dem Stichwort „Schwerpunkte und Posterioritäten“ hat die Landessynode Kürzungen beschlossen, die aber ohne Kündigungen von Mitarbeitenden gestaltet werden. Wo Personal abgebaut werden soll, geschieht dies in Form von sogenannten KW-Vermerken (‘künftig wegfallend“). Wenn Mitarbeitende auf solchen Stellen dann in den Ruhestand gehen, entfällt die Planstelle oder wird im Umfang gekürzt.
Der Direktor im Oberkirchenrat, Stefan Werner, betonte, die durch den Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte vorgelegten Sparbeschlüsse trügen zum Erreichen des gesteckten Rahmens bei und seien notwendig, um auf die absehbaren und aktuellen Entwicklungen so reagieren zu können, dass die Kirche handlungsfähig bleibe.
Weitere Tagungsthemen waren: