Merklingen/Stuttgart/Bad Wildbad. Neue Wege für die Kirche - manchmal sogar im wörtlichen Sinne: Lauftreffs mit geistlichen Impulsen oder Seelsorge-Spaziergänge erreichen Menschen, die sonst kaum eine Kirche aufsuchen. Ebenso wie Gespräche auf einer Gartenbank.
„Es docken Leute bei uns an, die würde ich in der Kirche wahrscheinlich nicht antreffen." Cornelius Küttner, evangelischer Pfarrer in den beiden Alb-Dörfern Merklingen und Machtolsheim (Alb-Donau-Kreis), kann aus positiver Erfahrung berichten. Und lädt deshalb an zwei Herbst-Sonntagen, 29. September und 6. Oktober, wieder zur „LaufZeit“ ein. Dabei verbindet er morgendliche Joggingrunden über sechs bis sieben Kilometer mit geistlichen Impulsen.
Die Resonanz auf das im Herbst 2018 gestartete neue Kirchenformat war trotz der frühen Starts um 7 Uhr morgens mit jeweils bis zu 20 Läuferinnen und Läufern gut. So gut sogar, dass Küttner und der Kirchengemeinderat in diesem Jahr die „Bewegungs-Disziplinen“ kurzerhand erweitert hat: Zwei Gottesdienst-Spaziergänge im April und Juli wandten sich zwar an eine weniger eilige Zielgruppe.
Doch eine Grund-Erfahrung war identisch mit der sportlicheren Variante: „Man verlässt den Boden des Planbaren“, sagt Cornelius Küttner.
Dabei berichtet er vom jüngsten Spaziergang im vergangenen Monat, der zu den Worten des Psalms 23 („und ob ich schon wanderte im finsteren Tal“) tief hinab in einen Steinbruch führte. Plötzlich schüttete es wie aus Kübeln - „wir wurden so richtig eingeweicht“.
Gut 20 Minuten ohne wirksamen Wetterschutz musste die Gruppe ausharren - und Cornelius Küttner ist sicher: Dieses Naturerlebnis, verbunden mit der Botschaft des Psalms, wird die Teilnehmer lange begleiten. Genauso wie der jeweilige Abschluss der Exkursionen - nach den gemeinsamen Eindrücken gibt's eine gemeinsame Stärkung mit Tee und Reiswaffeln: „Wir teilen etwas miteinander“, beschreibt der Seelsorger den tieferen, auch spirituellen Sinn.
Initiativen wie diese sammelt die landeskirchliche Zeitschrift „Für Arbeit und Besinnung“ (a+b), die vor allem von Pfarrerinnen und Pfarrern gelesen wird. „Best Practice - Ideen von Gemeinden für Gemeinden“ heißt die Rubrik, in der Aktionen und Formate aus dem württembergischen Protestantismus vorgestellt werden. Es gehe dabei nicht um die „tollste Idee", sondern ums Bekanntmachen guter Ideen, betont Redakteur und Pfarrer Thorsten Eißler.
Eine weitere, von a+b vorgestellte Idee hat die Stadtkirchengemeinde Bad Cannstatt umgesetzt: Sie feiert Kinderkirche am Samstagvormittag zwischen 11 und 12 Uhr. Der Vorteil für die Eltern: Sie können ihre Mädchen und Jungen in der Kirche abgeben und in dieser Zeit Einkäufe erledigen. Einmal im Monat sind aber auch sie im Anschluss an die Kinderkirche zum Eltern-Kind-Café eingeladen.
Ein innovatives Format pflegt auch die Kirchengemeinde Bönnigheim-Hofen (Landkreis Ludwigsburg) mit ihrem „Gottesdienst hautnah“: Pfarrer Martin Burger holt eine Gartenbank ins Gotteshaus, um Interviews mit interessanten Gästen zu führen.
Zum „Schwätz auf dem Bänkle“ waren bereits eine Staatsanwältin, eine Hospizgruppenleiterin, Landtagsdirektor Berthold Frieß und die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold zu Gast.
Wie auf der Schwäbischen Alb sind auch im Schwarzwald Gläubige in die Natur eingeladen: In der Stadt Bad Wildbad bietet Pfarrerin Angelika Germann Seelsorgespaziergänge an. "Gehen ist für mich Sinnbild des Lebens selbst: mein Weg führt mich über Kies, Schotter, Steine, Felsbrocken, Holzplanken, auf Moos, Gras, im Sand, durch Wasser", schildert die Pfarrerin.
Doch nicht nur Spaziergänge bietet die Kirchengemeinde an: Der nächste „Gottesdienst im Grünen“ ist am Sonntag, 25. August, ab 11 Uhr auf dem Sommerberg „Wildacker“ geplant.
Mit Material des Evangelischen Pressedienstes (epd)