Mit einem Jugendtag ist am Sonntag, 24. September, das zentrale zweitägige Festival der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zum Reformationsjubiläum auf dem Stuttgarter Schloßplatz zu Ende gegangen. Unter dem Motto „...da ist Freiheit“ haben insgesamt rund 20.000 Besucherinnen und Besucher und 400 zum Teil ehrenamtlich Mitarbeitende das gemeinsam von Landeskirche, dem Diakonischen Werk Württemberg und dem Evangelischen Jugendwerk in Württemberg veranstaltete Fest gefeiert. Der Schwerpunkt am Sonntag lag bei Jugendlichen, während am Samstag besonders Themen der Diakonie im Fokus standen.
Nach zwei intensiven „Feiertagen“ zog der Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July sein Fazit: „Mich hat dieses Fest begeistert! Wir haben mitten in der Stadt zusammen gefeiert: Gottesdienst, das Geschenk des Lebens und der Freiheit. Viele, viele haben sich einladen lassen, mitzufeiern und dabei auch erleben können, was wir in der Kirche für die Gesellschaft machen: mit unserer flächendeckenden diakonischen Arbeit, mit unserer großartigen Jugendarbeit. Wir bleiben auf Reformationskurs - ökumenisch und Christusbezogen!“
Diakoniechef Oberkirchenrat Dieter Kaufmann ist überzeugt: „Wir haben so gefeiert, wie unsere Kirche mit ihrer Diakonie engagiert ist: Fröhlich und engagiert, mitten in der Stadt, in der Gesellschaft, weltbewusst, mit jung und alt. Und so den Geist der Freiheit wehen lassen!“
Pfarrer Cornelius Kuttler, Leiter des EJW sagte: „Ich freue mich sehr darüber, dass Diakonie und evangelisches Jugendwerk DAS FESTIVAL als Fest der Landeskirche gemeinsam mit vielen Gästen feiern konnten. Da war zu spüren: weil der Glaube an Jesus Christus ein befreites Leben schenkt, haben wir allen Grund zu feiern.“
Am Sonntag sprachen bei einer Auftaktgala zunächst Landesbischof July, Choreograph und Tänzer Eric Gauthier sowie der Musiker Johannes Falk über ihr Verständnis von Freiheit. Dabei empfahl Gauthier „die Musik aufzudrehen und frei zu tanzen“ - und brachte die hauptsächlich jugendlichen Besucher mit gemeinsamen Tanzschritten auf Touren. Landesbischof July riet, einen Gottesdienst zu besuchen und sich von der Meinung anderer Menschen freizumachen. Johannes Falk gab den Tipp, sich in die Natur zu begeben, um die Freiheit zu spüren. In der anschließenden Predigt äußerte Karsten Hüttmann (CVJM-Deutschland) die Überzeugung, dass ein Mensch erst durch die Beziehung zu Gott wirklich frei werde. „Freiheit erleben wir nirgends so sehr wie in der Bindung zu Gott". Ein Bibelgespräch mit Landesbischof und Konfirmanden sowie sechs dezentrale Gottesdienste für junge Leute unter anderem in der Stiftskirche, der Leonhardskirche, im Kino Gloria und in einer ‚Rundkirche‘ mitten auf der Königstraße folgten, Musik von Bands wie Antiheld und Glasperlenspiel rundeten das Programm am Sonntag ab.
Veranstaltungsleiter Robby Höschele freut sich über die „fantastische Stimmung und Atmosphäre auf dem Platz.“ Das Zusammenspiel der vielen Mitarbeitenden habe sehr gut funktioniert. „Und natürlich bin ich froh, dass es keine schwerwiegenden Vorfälle gab – außer einer krankheitsbedingten Bandabsage, für die ganz spontan eine andere Band eingesprungen ist. Und persönlich fand ich es toll, gestern bei Laith Al-Deen eine Stunde tanzen zu können!“
Beim großen ökumenischen Open-Air-Gottesdienst am Samstagnachmittag, moderiert von der landeskirchlichen Beauftragten für das Reformationsjubiläum Dr. Christiane Kohler-Weiß, hatte Landesbischof July die Christen aufgefordert, sich im Einsatz gegen Rüstung und Bürgerkriege und im gesellschaftlichen Streit um Werte mit anderen auf den Weg zu machen und zu beten. Jesus Christus mache Mut zu diesem Engagement. Der Bischof der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, Dr. Gebhard Fürst, zog ein positives Fazit des protestantischen Reformationsjubiläums. Er selbst habe viele ökumenische Gottesdienste „ohne jegliche Berührungsängste“ mitgefeiert, sagte er und rief Gemeinden dazu auf, jungen Menschen liebevoll zu begegnen und sie für die christliche Gemeinschaft zu gewinnen.
Die Präsidentin der württembergischen Landessynode, Inge Schneider, sagte, Kirche sollte wie ein Rasthaus auf der Wanderung durchs Leben sein. Gerade den Vielbeschäftigten und Gestressten empfahl sie, sich Zeit für Gebet und die Stille vor Gott zu nehmen. Aus biblischer Sicht entstehe Freiheit dort, wo Gottes Geist wirke.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann rief die Christen zum Engagement für ihre Mitmenschen auf. Die Überzeugung, dass Gott den Glaubenden Freiheit schenkt, „beendet die lähmende Nabelschau, die egoistische Sorge um das eigene Heil“, es gebe keine größere Freiheit als die, von Gott trotz aller Schuld und Unvollkommenheit geliebt zu werden. Durch eine versöhnte Verschiedenheit unter den christlichen Konfessionen „könnten alle Menschen spüren: Ja, da bei den Christen, da ist Freiheit“.
Beim Diskussionsforum „‚...da ist Freiheit’ - Wie viel Freiheit brauchen wir in Diakonie, Politik und Wirtschaft?“ diskutierten Minister Manne Lucha, Bürgermeisterin Isabel Fezer, Unternehmer Johannes Kärcher und Oberkirchenrat Dieter Kaufmann über Freiheit in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Diakonie. Einig waren sie alle darin, dass wer in Freiheit lebt, etwas daraus machen müsse. Der Sozialminister nannte das Miteinander von Politik und Kirche positiv: Er könne „im Moment über Kirche und Wohlfahrtspflege nicht schimpfen“, sieht sie als „Bank für Werte“ und sandte „ein herzliches Vergelt’s Gott“ vom Podium.
Zahlreiche diakonische Einrichtungen luden die Besucher zum Probieren, Mitmachen und Informieren ein: Beim Brotmobil gab es fair gehandelten Kaffee und Informationen zu Brot für die Welt, bei den Zieglerschen konnten Kinder Bungeetrampolin springen, gegen Schüler des Diasporahauses Bietenhausen konnte man eine Partie Schach wagen, die BruderhausDiakonie machte in einer Psychose-Box das Leben mit Einschränkungen erlebbar, eine Ausstellung zeigte die in diversen Einrichtungen gestalteten „Türen der Gerechtigkeit“.
Konzerte von Laith Al-Deen, Glasperlenspiel, Johannes Falk sowie zahlreiche Theateraufführungen und Mitmachaktionen sorgten für Festival-Stimmung.