| Ökumene

Zum 100. Jahrestag des Lutherischen Weltkonvents von 19. bis 24. August 1923

Forum der Begegnung und des Austausches

Vor 100 Jahren wurde der Lutherische Weltkonvent gegründet. Damit wurde ein Forum der Begegnung und des Austausches geschaffen, das das Zusammenhörigkeitsgefühl des weltweiten Luthertums förderte. Eine wesentliche Initiative zu dem Treffen ging vom Nationalen Lutherischen Rat in den USA aus. Weitere Wurzeln lassen sich in der Allgemeinen Evangelisch-lutherischen Konferenz, einem Zusammenschluss von Theologen und Laien aus den deutschen lutherischen Landes- und Freikirchen, und in der lutherischen Zusammenarbeit in Skandinavien finden.

Delegierte des Konvents besuchen die Wartburg.Bild: Lutherischer Weltbund

Als Versammlungsort wurde Eisenach ausgewählt – einen für die lutherische Welt geschichtsträchtigen Ort. In Eisenach hatte sich Martin Luther nach dem Reichstag von Worms auf der Wartburg versteckt und das Neue Testament übersetzt. Für den deutschen Kontext war zudem bedeutend, dass mit der Ortswahl die erste internationale kirchliche Veranstaltung auf deutschem Boden nach dem 1. Weltkrieg stattfand.

Zum Lutherischen Weltkonvent kamen vom 19. bis 24. August 1923 144 Teilnehmende zusammen. Kirchen und Missionsgesellschaften aus 22 Ländern waren vertreten, vor allem aus Nordamerika, Europa sowie einigen sogenannten jungen Kirchen. Die Versammelten wollten so die Verbundenheit innerhalb des weltweiten Luthertums stärken und nach gemeinsamen Antworten suchen bei Fragen nach der Rolle des lutherischen Bekenntnisses, dem ökumenischen Charakter des Luthertums und der gegenseitigen Unterstützung in der Diaspora und Mission – alles Themenfelder, die 1947 auch für die Gründung des Lutherischen Weltbundes entscheidend waren.

Ursprünglich war der Weltkonvent in Eisenach als einmalige Zusammenkunft geplant, doch in den Referaten, Gottesdiensten und Redebeiträgen wurde immer wieder deutlich, dass weitere Treffen gewünscht waren. Entsprechend wurde ein Exekutivkomitee berufen, das die Geschäfte führen und die Organisation leiten sollte. Ihm gehörten zwei Amerikaner, zwei Deutsche und zwei Skandinavier an. Eine Vertretung der kleinen Diasporakirchen Europas war nicht vorgesehen, ebenso wenig wie die von Personen aus Lateinamerika, Afrika oder Asien, da die dortigen Kirchen damals meist noch nicht als selbständige Kirchen angesehen wurden. Darüber hinaus wurde ein größerer Ausschuss eingerichtet, der die Verbindung zwischen dem Exekutivkomitee und allen beteiligten Kirchen halten sollte. Mit diesen Gremien konnten die beiden nächsten Weltkonvente vorbereitet und durchgeführt werden: 1929 in Kopenhagen wurden die Arbeitsgrundsätze des Lutherischen Weltkonventes weiter präzisiert. Viele der dort verabschiedeten Leitgedanken für die Zusammenarbeit im weltweiten Luthertum (z. B. Föderationsprinzip, Autonomieprinzip der beteiligten Kirchen, Hilfe für lutherischen Kirchen in Not) wurden später auch für die Verfassung des Lutherischen Weltbundes wichtig.  Der Dritte Lutherischen Weltkonvent 1936 in Paris war von den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und dem nationalsozialistischen Totalitarismus in Deutschland geprägt. 

Insgesamt zeigt die Geschichte der Lutherischen Weltkonvente, dass bereits vom ersten Treffen an die Anwesenden mit der Frage zu ringen hatten, welchen Status und welche Verbindlichkeit dieses und zukünftige Treffen des weltweiten Luthertums haben sollten: unverbindliche Konferenz, freie Vereinigung oder fester Bund? Eine Frage, die das Luthertum noch lange begleiten sollte. Die Vertreter aus Deutschland und den skandinavischen Kirchen sprachen sich eher für eine lose Verbindung aus. Die Delegierten aus den USA bevorzugten ein Bundeskonzept nach dem Vorbild des Nationalen Lutherischen Rats in ihrem Land. Die Entwicklungen nach 1923 zeigen, dass sich der Wille durchsetzte, die Zusammenarbeit und Verbindlichkeit zu verfestigen. So gehörte zu den Beschlüssen in Paris die Einrichtung eines Generalsekretariats. Das in Paris neu besetzte Exekutivkomitee begann zudem mit der Erarbeitung einer Verfassung, die dem Weltkonvent auf einer Sitzung 1940 zur Verabschiedung hätte vorgelegt werden sollen. Dieser kam auf Grund des Zweiten Weltkrieges nicht zu Stande. Die Entwicklung ging also in Richtung eines internationalen Kirchenbundes im Sinne einer Bekenntnis-, Arbeits- und Lastenausgleichsgemeinschaft. 1947 konnte sich schließlich der Lutherische Weltbund als freie Vereinigung von Kirchen gründen und später zu einer Gemeinschaft von Kirchen weiterentwickeln. Er umfasst heute 149 Kirchen aus 99 Ländern, denen mehr als 77 Millionen Christinnen und Christen angehören. Das Deutsche Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes vertritt die elf deutschen Mitgliedskirchen des LWB und stellt deren Beteiligung an der Arbeit des LWB sicher. 

Insgesamt bringt der frühere LWB-Generalsekretär Kurt Schmidt Claussen die Bedeutung des Lutherischen Weltkonvents treffend auf den Punkt: „Man wird die Behauptung wagen dürfen, dass es ohne die Erfahrungen und Impulse aus dem Weltkonvent nie einen Lutherischen Weltbund gegeben hätte.“ 

OKR Dr. Oliver Schuegraf (Deutsches Nationalkomitee des Lutherischen Weltbundes, DNK/LWB)



Schon gewusst?

elk-wue.de

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt@elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden.

Kirchensteuer wirkt!

Mehr News

  • Datum: 31.08.2024

    Jüdische Kultur: Wichtig für uns Christen

    Am 1. September 2024 findet in 30 Ländern der Europäische Tag der Jüdischen Kultur statt. Veranstaltungen laden zur Begegnung ein. Hier im Interview: Pfarrer i.R. Dr. Joachim Hahn, der seit Jahren Wissen über das Judentum vermittelt.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.08.2024

    Gebet vor der Wahl in Thüringen und Sachsen

    Viele Menschen sind angesichts der politischen Situation in Deutschland beunruhigt und blicken mit Sorge in die Zukunft, aktuell angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Ein Gebet für diese Zeit von Pfarrerin Pamela Barke.

    Mehr erfahren
  • Datum: 30.08.2024

    Reisesegen: Mit Gottes Segen unterwegs

    Wer sich auf den Weg macht, möchte sich geborgen und behütet wissen. Hier eine kleine Auswahl an Reisesegen – zum Teilen, Zusprechen oder für die erste Seite Ihres Reisetagebuchs. Sie verreisen in nächster Zeit nicht? Jeder noch so kleine Weg lässt sich segnen…

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.08.2024

    Zum Tod des Theologen Prof. Dr. Paolo Ricca

    Am 14. August 2024 verstarb in Rom der bedeutende waldensische Theologe Prof. Dr. Paolo Ricca, der auch der württembergischen Landeskirche wichtige Impulse gegeben hat. Die Ulmer Prälatin Gabriele Wulz nennt ihn in ihrem Nachruf einen „charismatischen Lehrer der Kirche“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.08.2024

    Gebet zum Schulanfang von Landesbischof Gohl

    Zum Beginn des neuen Schuljahres gibt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl allen Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern ein Gebet mit auf den Weg. Es greift die Freude, aber auch die Sorgen auf, die das neue Schuljahr mit sich bringt. Keiner muss sich den Herausforderungen allein stellen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 28.08.2024

    „In den Krisen in Europa ein Signal der Hoffnung“

    Die 9. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) findet in Hermannstadt/Sibiu (Rumänien) vom 27. August bis 2. September statt. Sie steht unter dem Motto „Im Licht Christi – zur Hoffnung berufen”. Die GEKE vertritt ca. 50 Mio. Protestanten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 27.08.2024

    Einsatz von KI in der Gemeinde

    Bei diesem digitalen Teams-Talk geht es darum, wie Künstliche Intelligenz sinnvoll in Kirchengemeinden eingesetzt werden kann. Welche Erfahrungen wurden schon gemacht? Wo liegen die Herausforderungen? Kommen Sie mit anderen ins Gespräch und diskutieren Sie mit.

    Mehr erfahren
  • Datum: 26.08.2024

    Halbzeit beim neuen Gesangbuch

    In vier Jahren soll ein neues Gesangbuch für die EKD vorliegen. Aus Württemberg arbeitet unter anderem Pfarrer Frieder Dehlinger vom Amt für Kirchenmusik am neuen Gesangbuch mit. Hier berichtet er vom Stand der Dinge.

    Mehr erfahren
  • Datum: 24.08.2024

    TV-Tipp: Seelsorge an der Autobahn

    Sommerzeit ist Reisezeit. Energie tanken können Reisende und LKW-Fahrerinnen und -Fahrer an Rastplätzen – und in Autobahnkirchen. Was versprechen sich Menschen von einem Besuch, was erwartet sie dort? Darüber spricht Heidrun Lieb mit Gästen im TV-Talk „Alpha & Omega“.

    Mehr erfahren
  • Datum: 23.08.2024

    #gemeindebegeistert: Forum am 18. Oktober

    Das #gemeindebegeistert-Forum knüpft an den Innovationstag der Landeskirche im Mai 2024 an, um Projekte, Thesen und Inspirationen weiterzuentwickeln. Eingeladen sind alle, die beim Innovationstag waren, und alle, die Lust haben, Kirche innovativ zu gestalten.

    Mehr erfahren
  • Datum: 22.08.2024

    Notfallseelsorge beim Hochwasser

    Heftiger Regen verursachte im Frühjahr 2024 schwere Überflutungen im Rems-Murr-Kreis. Pfarrer Markus Schwab, Leiter der landeskirchlichen Koordinationsstelle Notfallseelsorge, war danach in Rudersberg im Einsatz. Hier berichtet er von seinen Erlebnissen.

    Mehr erfahren
  • Datum: 19.08.2024

    Welttag der humanitären Hilfe

    Durch Katastrophen und Kriege sind Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen. Daran erinnern die Vereinten Nationen mit einem jährlichen Gedenktag am 19. August. Hier stellen wir beispielhaft Institutionen vor, mit denen die Landeskirche sich weltweit engagiert.

    Mehr erfahren
Mehr laden